Obwohl Cäsiumatomuhren schon 1955 entwickelt wurden, sind sie bis heute maßgeblich für die Zeitmessung. Seit 1967 definiert man die Sekunde als „das 9 192 631 770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung“.
In einer modernen Cäsiumuhr fallen die Atome wie Wassertropfen in einer Fontäne durch einen Mikrowellenresonator, dessen Frequenz dabei auf die atomare Anregungsfrequenz abgestimmt wird. Doch schon früh hatte die Suche nach Alternativen zur Cäsiumuhr begonnen. So verfolgte Günter Werth an der Universität Mainz Ende der 1970-er Jahre den Ansatz, für eine Atomuhr ionisierte Atome in einem Ionenkäfig, einer „Paul-Falle“, mit elektrischen Feldern festzuhalten. Im Ultrahochvakuum waren sie dadurch vor Stößen mit Molekülen des Restgases und anderen störenden Umwelteinflüssen viel besser geschützt als die Atome in der Cäsiumuhr. Zudem konnte man die Atome nahezu beliebig lange beobachten. Beides sollte eine genauere Frequenzmessung ermöglichen. Für seine Arbeit „Der Ionenkäfig als Frequenzstandard“ erhielt Prof. Dr. Günter Werth den mit 8.000 DM dotierten Helmholtz-Preis 1985.
Werth benutzte Ionen des Elements Quecksilber, später dann Ytterbium und Barium als „Frequenzgeber“. Diese Atome besitzen im Grundzustand – ähnlich wie die Cäsium-Atome – zwei Hyperfeinniveaus, deren Energien sich um einige GHz unterscheiden. Wie stark die beiden Hyperfeinniveaus jeweils besetzt waren, wurde mit einem Farbstofflaser abgefragt, der die Atome durch optisches Pumpen aus einem der beiden Niveaus entfernte und in einen höheren Zustand brachte. Von dort kehrten sie unter Abgabe von Licht in den Grundzustand zurück.
Wurden die Atome mit Mikrowellen bestrahlt, deren Frequenz auf den Übergang zwischen den beiden Hyperfeinniveaus abgestimmt war, so änderte sich die Besetzung dieser Niveaus und damit auch der Intensität der Lumineszenz. So ließ sich an der Lichtintensität ablesen, wie genau die Mikrowellenfrequenz mit der Hyperfeinstrukturaufspaltung übereinstimmte. Schließlich wurde die resonante Mikrowellenfrequenz mit Hilfe einer Cäsiumuhr ermittelt.
Anhand der aufgenommenen Resonanzlinien konnte z. B. die Hyperfeinstrukturaufspaltung der 171Yb-Ionen mit einer Unsicherheit von 3 ∙ 10–12 gemessen werden. Werth hielt es damals für möglich, durch Ausschalten verschiedener Fehlerquellen eine Unsicherheit von 10–15 zu erreichen, was seither in Experimenten verschiedener Arbeitsgruppen weltweit verwirklicht wurde. Frequenzstandards im Mikrowellengebiet auf der Basis gespeicherter Quecksilberionen werden heute als potentielle Uhren im europäischen Navigationssystem Galileo in Betracht gezogen. Inzwischen ist es möglich geworden, Atome mit Laserlicht auf sehr tiefe Temperaturen zu bringen und einzeln nahezu bewegungslos in Ionen-Fallen für Monate festzuhalten.
Durch die Technik des Frequenzkammes, für die Theodor Hänsch und John Hall 2005 den Nobelpreis erhielten, gelingt es heute, die extrem scharf definierten Anregungsfrequenzen „verbotener“ optischer Übergänge von gespeicherten Ionen zu bestimmen. Optische Atomuhren, die beispielsweise mit Ytterbiumionen betrieben werden, zeigen relative Instabilitäten von einigen 10–18. Dies übertrifft die Frequenzstabilität der konventionellen Cäsiumuhren bei weitem und liegt in der gleichen Größenordung wie optische Atomuhren, die auf neutralen Atomen – gespeichert in Laserfeldern – beruhen.