Anlässlich des 100. Jubiläums der PTR/PTB wurde der Helmholtz-Preis 1987 in drei Themenbereichen vergeben. Im Bereich „Präzisionsmessung physikalischer Größen“ ging die Auszeichnung an Dr. Fritz Riehle und Prof. Dr. Burkhard Wende von der PTB Berlin für ihre Arbeit „Ein Elektronenspeicherring als primäres Strahlungsnormal zur Realisierung strahlungsoptischer Einheiten“.
Als Max Planck 1900 seine berühmte Strahlungsformel aufstellte, konnte er auf die genauen Messungen der Hohlraumstrahlung zurückgreifen, die an der PTR in Berlin durchgeführt worden waren. Von Plancks Strahlungsformel ausgehend, verwendete man zur Darstellung spektraler Strahlungsleistungen zunächst Hochtemperatur-Hohlraumstrahler als primäre Strahlungsnormale. Bei kurzen Wellenlängen unterhalb von 250 Nanometer ist die Emission dieser Strahler jedoch zu schwach, als dass sie sich für ein Strahlungsnormal nutzen ließen. Im Gegensatz dazu emittieren Elektronenspeicherringe intensive Synchrotronstrahlung vom sichtbaren Spektralbereich bis zum Röntgenbereich. Die spektrale Verteilung dieser Strahlung hängt nur von wenigen Parametern ab und wird durch eine Formel gegeben, die Julian Schwinger 1949 für die Strahlungsemission radial beschleunigter relativistischer Elektronen aus den Gesetzen der klassischen Elektrodynamik abgeleitet hatte.
Wie Riehle und Wende 1984 nachwiesen, stellte der Speicherring BESSY I in Berlin ein neues Strahlungsnormal dar, das dem Hohlraumstrahler deutlich überlegen war. Dazu musste man die Parameter des Speicherrings sehr genau messen und ihn so optimieren, dass sich seine spektrale Strahlungsleistung mit Hilfe der Schwinger-Formel beschreiben ließ. Während diese Formel für ein einzelnes Elektron gilt, das auf einer Kreisbahn umläuft, bewegten sich in BESSY I jedoch bis zu 1012 Elektronen auf unterschiedlichen Kreisbahnen. Dadurch wich die Strahlungsemission des Speicherringes von den Vorhersagen der Schwinger-Formel ab. Indem Riehle und Wende die Orts- und Winkelverteilung der Elektronen im Speicherring anhand der gemessenen Winkelabhängigkeit der Strahlung bestimmten, konnten sie mit Hilfe der Schwinger-Formel die spektrale Strahlungsleistung des Speicherringes mit hoher Genauigkeit berechnen.
Dadurch dass man die Zahl der Elektronen, die in BESSY I gespeichert waren, auf ein Elektron erniedrigte, konnte man die Strahlungsintensität um bis zu zwölf Zehnerpotenzen verändern. Das Speicherringnormal wurde bis zu seiner Stilllegung 1999 für die Kalibrierung von Empfänger- und Strahler-Gebrauchsnormalen vom nahen IR bis in den Bereich weicher Röntgenstrahlung genutzt. Seit Januar 1999 setzt die PTB den Elektronenspeicherring BESSY II als primäres Strahlungsnormal ein, insbesondere vom Vakuum-UV bis zum Röntgenbereich. Ergänzend zu BESSY II steht der PTB seit Frühjahr 2008 mit der Metrology Light Source (MLS) ein primäres Strahlungsnormal für Spektralbereiche vom IR bis zum extremen UV zur Verfügung.