HELMHOLTZ-PREIS 1996 (Preisverleihung am 15.04.1996)
Aymeric Derville, Dr. Christian Willert, Dr. Markus Raffel, Dr. Jürgen Kompenhans für die Arbeit „On the development of a digital evaluation system for three-dimensional particle image velocimetry."

Preisträger 1996: Schnelle dreidimensionale Strömungsmessung

(v. l. n. r.) Aymeric Derville war Praktikant am DLR-Institut für Strömungsmechanik in Göttingen im Rahmen des IAESTE (International Association for the Exchange of Students for Technical Experience) Programms.

Christian Willert, geboren 1964 in Mayen in der Eifel, studierte von 1987 bis 1992 Ingenieurwissenschaften an der University of California in San Diego, wo er 1992 promovierte. Von 1994 bis 1997 arbeitete er am DLR-Institut für Strömungsmechanik in Göttingen. 1998 wurde er Projektleiter am DLR-Institut für Antriebstechnik in Köln. Seit 2007 ist er dort Leiter der Abteilung „Triebwerksmesstechnik“.

Markus Raffel, 1962 in Göttingen geboren, studierte Maschinenbau in Clausthal und Karlsruhe bevor er 1991 zum DLR-Institut für Strömungsmechanik nach Göttingen ging. Er promovierte 1993 an der Universität Hannover und habilitierte 2001 an der TU Clausthal. Nach einer gemeinsamen Berufung des DLR mit der Universität Hannover 2007 leitet er heute die Organisationseinheit „Hubschrauber“ am DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Göttingen.

Jürgen Kompenhans (nicht im Bild) wurde 1946 in Eschwege geboren. Er studierte Physik in Göttingen und wurde dort 1976 promoviert. 1977 ging er an das DLR-Institut für Strömungsmechanik in Göttingen, wo er ab 1985 die PIV-Gruppe und von 2002 bis 2011 die Abteilung „Experimentelle Verfahren“ leitete. Seit 2011 ist er im Ruhestand.

Geschwindigkeitsfelder in strömenden Gasen oder Flüssigkeiten lassen sich schnell und automatisiert bestimmen, indem man in kurzem zeitlichem Abstand aufgenommene Bilder von Tracerteilchen mit dem Computer auswertet. Die Anwendungen dieses als „Particle Image Velocimetry“ (PIV) bezeichnete Verfahren reichen von der Aerodynamik über die Biologie, die Erforschung der Turbulenz in Flüssigkeiten und die Untersuchung von Verbrennungsvorgängen, bis zur Mikrofluidik.

Anfangs ließen sich mit PIV nur die beiden Geschwindigkeitskomponenten ermitteln, die in einem zweidimensionalen Lichtschnitt lagen, der zweimal hintereinander zur Beleuchtung der Tracerteilchen erzeugt wurde. Anhand einer zusätzlichen Aufnahme der Teilchen, die sich in einem zum ersten Lichtschnitt parallelen zweiten Lichtschnitt befanden, konnte man mit einem neu entwickelten Auswertungssystem auch die dritte Geschwindigkeitskomponente senkrecht zu den Lichtschnittebenen bestimmen. Diese Doppelebenen-PIV entwickelten Dipl.-Ing. Aymeric Derville, Dr. Christian Willert, Dr.  Markus Raffel und Dr. Jürgen Kompenhans von der damaligen Deutschen Forschungsanstalt (heute Zentrum) für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen. Für ihre Arbeit erhielten sie den Helmholtz-Preis 1996 im Bereich „Informatik und Mathematik in der Messtechnik“.

Die Information über die Teilchengeschwindigkeiten, die in zwei aufeinanderfolgenden Aufnahmen enthalten war, gewannen die Forscher, indem sie untersuchten, wie sich die beiden Bilder durch relative Verschiebung lokal am besten zur Deckung bringen ließen. Dazu berechneten sie für verschiedene Verschiebungsvektoren die lokale Korrelation der Helligkeitsverteilungen in den beiden Bildern. Aus dem Maximum der Korrelation erhielten sie den Verschiebungsvektor, aus diesem und aus dem Zeitabstand zwischen den beiden Bildern die lokale Teilchengeschwindigkeit. Waren die Bilder für denselben Lichtschnitt aufgenommen worden, so ließen sich die beiden Geschwindigkeitskomponenten in der Schnittebene ermitteln. Aus den Bildern für parallele Lichtschnitte ergab sich die Geschwindigkeitskomponente senkrecht zu den Schnittebenen.

Die Forscher prüften die Zuverlässigkeit ihres Verfahrens, indem sie durch Monte-Carlo-Simulation künstliche Teilchenbilder für ein bekanntes Strömungsfeld erzeugten und anschließend aus den Bildern das Strömungsfeld näherungsweise berechneten. Dann werteten sie mit ihrem Verfahren experimentelle Daten aus. Dazu hatten sie silberüberzogene Glaskugeln von 10 µm Durchmesser in einen mit Glyzerin gefüllten Glaszylinder gegeben. Da sich der Deckel des Zylinders drehte, bewegten sich die Kugeln mit dem Glyzerin, was von einer CCD-Kamera aufgezeichnet wurde. Mit einem Laserstrahl erzeugten die Forscher einen etwa 2 mm dicken Lichtschnitt durch den Zylinder. Anhand der Bilder von den Lichtschnitten konnten die Forscher die Radial-, Axial- und Azimutalgeschwindigkeit an beliebigen Punkten in der Schnittebene bestimmen. Das PIV-Verfahren hat sich inzwischen durchgesetzt als meistgenutzte optische Messtechnik für die Strömungsgeschwindigkeitsmessung in einer Ebene oder in einem Volumen, woran die Preisträger wesentlichen Anteil hatten.

Literatur

Aymeric Derville et al.: On the development of a digital evaluation system for three-dimensional particle image velocimetry. PTB-Mitteilungen 107, (1997), 19

M. Raffel et al: Particle Image Velocimetry. A Practical Guide. Berlin: Springer Verlag (2007)