Für die Diagnostik vieler Erkrankungen des menschlichen Herzens ist es wichtig, dass man die myokardiale Mikrozirkulation, also den Blutkreislauf in den Kapillaren des Herzmuskels, möglichst genau misst. So wird z. B. eine verminderte Kapillardichte für die Herzmuskelschwäche nach einem Herzinfarkt verantwortlich gemacht. Doch es gibt nur wenige nichtinvasive, das Herz nicht belastende Techniken, mit denen sich die Mikrozirkulation erfassen lässt.
Die für eine Anwendung beim Patienten in Frage kommenden nuklearmedizinischen Verfahren haben nur eine geringe räumliche Auflösung, wodurch die Qualität und Zuverlässigkeit der Diagnose beschränkt wurden. Hingegen ermöglicht es die Kernspinresonanz- oder NMR-Bildgebung, die Mikrozirkulation im Herzmuskel, dem Myokard, quantitativ und räumlich aufgelöst zu messen. PD Dr. med. Dr. rer. nat. Wolfgang Rudolf Bauer und die von ihm geleitete Arbeitsgruppe „Kardiale Magnetresonanztomographie und Biophysik“ von der Medizinischen Universitätsklinik Würzburg entwickelten NMR-Messmethoden, mit denen sie das relative Kapillarvolumen, die Mikrozirkulation und deren Anteil an der gesamten Durchblutung des Herzmuskels messen konnten. Damit ließen sich z. B. Funktionsstörungen in den Herzkranzgefäßen erkennen. Für die Arbeit wurde Wolfgang Rudolf Bauer mit dem Helmholtz-Preis 2003 ausgezeichnet, der mit 15.000 € dotiert war.
Die von Bauer und seinen Mitarbeitern entwickelten Verfahren beruhten darauf, dass zwischen den Parametern der Mikrozirkulation und den NMR-Parametern ein Zusammenhang besteht. Die mittels Kernspintomographie im Herzen lokal gemessenen Größen waren die longitudinale und die transversale Relaxationszeit T1 bzw. T2, mit denen die spinpolarisierte Protonen in einem Magnetfeld nach einer Störung in ihren Ausgangszustand zurückkehrten. Gab man ein geeignetes Kontrastmittel in die Herzgefäße, so wechselwirkten die Protonenspins mit ihm und konnten schneller relaxieren. Während das Kontrastmittel in den Blutgefäßen verblieb, diffundierten die Protonen auch in das umliegende Gewebe. Dadurch änderten sich aufgrund der Kontrastmittelgabe die Relaxationszeiten sowohl in den Blutgefäßen als auch im Myokard, wenn auch unterschiedlich stark.
Wie die Forscher durch Messungen und biophysikalische Modelle zeigen konnten, bestand zwischen dem relativen intrakapillären Blutvolumen RBV, das das Volumen der Kapillaren zum Gesamtvolumen des Herzens in Beziehung setzt, und den Relaxationszeitänderungen ein Zusammenhang: RBV = Δ(1/ T1Myokard)/Δ(1/T1Blut). Auf diese Weise konnten die Forscher detaillierte RBV-Karten der Herzens aufnehmen, die Auskunft über die lokale Mikrozirkulation gaben.
Ein weiteres Verfahren kam ohne Kontrastmittel aus, indem es die magnetischen Eigenschaften der Kapillaren nutzte. Wenn das Hämoglobin in der Kapillare seinen Sauerstoff an das Gewebe abgibt, entsteht paramagnetisches Desoxyhämoglobin, das die transversale Relaxationszeit T2 der Protonenspins verkürzt. Da die vorhandene Menge an Desoxyhämoglobin proportional zur Kapillardichte und damit zum relativen intrakapillären Blutvolumen RBV ist, kann man dieses aus lokalen Messungen von T2 ermitteln. Mit diesen und weiteren Verfahren entwickelten Bauer und seine Mitarbeiter wertvolle Werkzeuge für die Diagnostik vieler Herzerkrankungen.