Präzisionsmessungen der magnetischen Eigenschaften des Elektrons haben in der Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) eine wichtige Rolle gespielt. So hatte man 1947 für das magnetische Moment des Elektrons einen geringfügig größeren Wert gemessen, als von der Dirac-Theorie vorhergesagt wurde. Diese Diskrepanz konnte erst die QED ausräumen. Das magnetische Moment μ und der Spin s des Elektrons erfüllen die Gleichung μ = g ∙ μB∙s/ħ , wobei μB das Bohrsche Magneton ist. Für den dimensionslosen g-Faktor des Elektrons ergaben die seither durchgeführten Messungen immer genauere Werte, die mit den Resultaten von immer umfangreicheren QED-Berechnungen übereinstimmten.
Bekanntlich wirkt sich bereits die Interaktion des Elektrons mit dem Vakuum auf den g-Faktor aus. Ist das Elektron indes an einen Atomkern gebunden, so führt dessen starkes elektrisches Feld dazu, dass sich der Zahlenwert des g-Faktors deutlich ändert. Den g-Faktor eines Elektrons in solch einem wasserstoffähnlichen, stark geladenen Ion haben Dipl.-Phys. Sven Sturm, Dipl.-Phys. Anke Wagner und Prof. Dr. Klaus Blaum vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg mit hoher Präzision gemessen. Für ihre Arbeit erhielten sie den Helmholtz-Preis 2012.
Die von Anke Wagner und Sven Sturm im Rahmen ihrer Dissertationen durchgeführten Experimente griffen auf ein von Heinz-Jürgen Kluge und Günter Werth in Mainz entwickeltes Verfahren zurück. Dabei wurde ein stark gekühltes und 13-fach geladenes Silizium-28-Ion, dem somit nur ein Elektron verblieben war, in einer Penning-Falle mit elektrischen und magnetischen Feldern in einem sehr guten Vakuum festgehalten.
Während das Ion, das die Masse M und die Ladung q hatte, im Magnetfeld B eine Zyklotronbewegung mit der Frequenz fC = q ∙ B/(2πM) durchführte, präzedierte das magnetische Moment des Elektrons im B-Feld mit der Larmor-Frequenz fL = g ∙ µB ∙ B/h. Indem die Forscher die Zyklotron- und die Larmor-Frequenz maßen, konnten sie aus deren Quotienten den g-Faktor ermitteln: g = (2fL/ fc) ∙ q ∙ m/ (e ∙ M ). Die Zyklotron-Frequenz wurde anhand der Spiegelladungsströme gemessen, die das kreisende Ion in den Elektroden der Penning-Falle hervorrief. Um die Larmor-Frequenz zu ermitteln, bestrahlten die Forscher das Ion mit Mikrowellen, deren Frequenz sie veränderten.
Dabei beobachteten sie, bei welcher Frequenz Resonanz auftrat und der Elektronenspin sich umkehrte. Hatte solch ein Spin-Flip stattgefunden, so ließ sich dies daran erkennen, dass die longitudinalen Oszillationen, die das Ion in der Penning-Falle längs der Magnetfeldlinien ausführte, ihre Frequenz geringfügig änderten. Die so ermittelte Resonanzfrequenz stimmte mit der Larmor-Frequenz überein. Die drei Wissenschaftler erhielten für den g-Faktor das Resultat: g = 1,995 348 958 mit einer Unsicherheit von wenigen 10–10, das hervorragend mit dem Ergebnis der QED-Berechnungen übereinstimmte. Damit waren die Messungen so empfindlich, dass sie den Einfluss der Atomkerngröße auf das magnetische Moment des Elektrons aufspüren konnten. Die QED hat somit auch diesen bisher strengsten Test erfolgreich bestanden.