Helium ist ein Edelgas und sollte nach Meinung der Standardlehrbücher der Chemie keine Bindung mit anderen Atomen eingehen. Dass dies manchmal trotzdem geschieht, ist schon länger bekannt. Nun ist es der Forschergruppe um Reinhard Dörner vom Institut für Kernphysik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main weltweit erstmals gelungen, zweiatomige Helium-Dimere (He2) und dreiatomige Helium-Trimere (He3) zu erzeugen und deren Bindungsenergien präzise zu messen. Für ihre Arbeit "Vermessung der Bindungsenergien von molekularen Quanten-Halos mit neV-Präzision" erhielten Maksim Kunitzki, Stefan Zeller, Jörg Voigtsberger, Till Jahnke und Reinhard Dörner den mit 20.000 € dotierten Helmholtz-Preis 2016 in der Kategorie "Präzisionsmessung in der Grundlagenforschung in den Bereichen Physik, Chemie und Medizin.
Die Bindungen zwischen den beiden Heliumatomen sind in He2 nur ein Zehnmillionstel so stark wie in typischen Molekülen wie Wasser oder Wasserstoff. Die Bindungsenergie für das Helium-Dimer beträgt nach den Messungen der Preisträger 151,9 ± 13,3 neV, die für das Helium-Trimer, ein Komplex aus drei gebunden Helium Atomen, 236 ± 23 neV. Die Frankfurter Forscher bestätigten weiterhin eine ungewöhnliche Dreierstruktur (Efimov-Zustand) des He3-Moleküls, die bereits vor fast 40 Jahren von dem russischen Forscher Vitaly Efimov theoretisch vorhergesagt wurde. Für die Messung der extrem geringen Bindungsenergien näherten sich die Forscher mit einem Trick, indem sie die Moleküle gezielt zerstören und aus den Fragmenten Rückschlüsse auf die Bindungsenergie ziehen.
Die damit experimentell bestätigten Werte sind für die Metrologie bei tiefen Temperaturen von großer Bedeutung. Die Realgaseigenschaften, u. a. die thermische Leitfähigkeit, die Viskosität oder die dielektrischen Eigenschaften von Helium bei Temperaturen unterhalb weniger Kelvin können nun wesentlich genauer theoretisch berechnet und mit präzisen Messungen verglichen werden. Die neuen Experimente der Preisträger stellen diese Theorien nun auf eine sichere experimentelle Basis.